Verkehr in Coburg neu denken

Schluss mit dem Primat des Autos, das heute in Coburg selbst in den engsten Gassen und verstecktesten Winkeln noch gilt. Hin zu einer fußgänger- und fahrradfreundlichen Innenstadt und einem vernetzten Verkehrskonzept, dass jeder Mobilitätsform sinnvoll und an der richtigen Stelle Raum gibt.

Eine Einbahnregelung für den motorisierten Verkehr rund um die Coburger Innenstadt ist eine vom „Coburger – Das Magazin“ ins Gespräch gebrachte, mutige Idee, zu der wir um eine Stellungnahme gebeten wurden. Hier unsere Antwort und unsere Gedanken dazu:

Der angedachte Einbahnverkehr würde die Zahl der Fahrzeuge nicht in gewünschtem Maße reduzieren. Auf den innenstadtnahen Nebenstraßen, die in Einbahnrichtung genutzt werden, würde eher zusätzlichen Verkehr entstehen. Aller Voraussicht würde also eine solche Lösung nicht all die Vorteile bringen, die von einem Einbahnverkehr erhofft und erwartet werden: Mehr Sicherheit, mehr Platz für Radfahrende und Fußgängerverkehr und höhere Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum.

Statt der vom „Coburger“ vorgeschlagenen Einbahnstraßenregelung im östlichen Teil der Innenstadt wäre die Schließung der Rückertstraße für den Durchgangsverkehr eine echte Alternative.

Im Bereich des Theaterplatzes oder der Rückertstraße wären sogenannte „modale Filter“ mit (versenkbaren) Pollern denkbar, die dafür sorgen würden, dass ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehr passieren könnten und auch Anlieger- und Zielverkehr möglich wäre.

Ohne Durchgangsverkkehr würde in diesem Bereich der motorisierte Individualverkehr nennenswert reduziert und damit die geschilderten positiven Effekte für eine verbesserte Aufenthaltsqualität im Bereich Markt – Theater – Schlossplatz erreicht werden.

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Die Baustelle mit Sperrung der Rückertstraße im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass sich das Verkehrsaufkommen im östlichen Teil der Coburger Innenstadt deutlich reduzierte. Der motorisierte Individualverkehr hat sich andere, weitläufigere Wege gesucht. Und in der Rückertstraße konnte Außengastronomie betrieben werden. Zu dieser Idee: Siehe Bild 1.

Einbahnreglungen halten wir stattdessen z.B. bei folgenden Straßenabschnitten für überlegenswert:

Bahnhofstraße von Kreuzung Hindenburgstraße bis Kanalstraße – nördlicher Teil: Für sicheren Begegnungsverkehr ist die Bahnhofstraße in diesem Bereich zu eng. Ausweichmöglichkeiten sind vorhanden. Eine Einbahnregelung würde auch Möglichkeiten schaffen, den Straßenverlauf attraktiver zu gestalten und einen sicheren Radweg einzurichten. 

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Ketschendorfer Straße:  Die Ketschendorfer Straße ist vor allem im Bereich vor dem Klinikum ein ständiges Ärgernis und letztlich einfach nicht breit genug für die Wünsche aller Beteiligten. Mit einer Einbahnregelung könnte sowohl Kurzzeitparken vor der Bäckerei und den anderen Läden in diesem Bereich realisiert werden, als auch Radwege und eine genügend breite Fahrbahn. Die bestehende Bushaltestelle nordwärts müsste an den Postweg verlegt werden – die Fußweg von der derzeitigen Haltestelle bis zum Haupteingang des Klinikums würde sich dadurch sogar verkürzen. Nordwärts gerichteter Verkehr kann von Creidlitz aus ohne größeren Umweg über Postweg, Bamberger Straße (und ggf. Max-Brose-Straße) geführt werden. Die Einbahnregelung kann man mit einer langen und einer kurzen Variante denken.

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Sonntagsanger: Der südwärts gerichtete Verkehr aus der Lossaustraße oder vom Parkhaus Mauer sollte nicht über den Sonntagsanger geführt werden, sondern sinnvoller durch die Judenberg-Unterführung über die B4 abgeleitet werden. Damit entschärft sich das bisher höchst problematische Linksabbiegen des Radverkehrs auf den Brockhardsteg ins Zinkenwehr und Richtung Innenstadt.

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Nordteil der Uferstaße: Das Befahren der Uferstaße nordwärts ab Karchestraße macht überhaupt nur Sinn, wenn man auf die Frankenbrücke nach links über alle vier Spuren abbiegen möchte. Das ging laut https://unfallatlas.statistikportal.de/ in vier der (vor-)letzten fünf Jahre (die Daten von 2021 sind noch nicht eingepflegt) auch ab und zu gründlich schief. Der Umweg über die Ampel an der Karchestraße auf die Bamberger Straße und dann über die Angerkreuzung (die für’s ggf.  sogar zweispurige Linksabbiegen aus Süden ertüchtigt werden könnte) beträgt wenig über 100 m. 

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Rosenauer Straße / Wiesenstraße / Heiligkreuzstraße: Da nahezu parallel zur Rosenauer Straße die Wiesenstaße verläuft, könnte auch hier – und insbesondere in der Heiligkreuzstraße, die in den kommenden Jahren durch den Um- und Anbau des ehemaligen Wohnbau-Gebäudes zu einem attraktiven Wohnviertel weiterentwickelt werden soll – der motorisierte Individualverkehr zurückgenommen bzw. gleichmäßiger verteilt werden. 

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Natürlich gibt es auch innerhalb der Coburger Grünen Diskussionen und keine abschließenden Ergebnisse in einzelnen Details. Und natürlich müssten alle Vorschläge gründlich mit der städtischen Verkehrsplanung, der Polizei, der SÜC Bus & Aquaria GmbH, dem ADFC, dem Kinderbeauftragten und Vertreter*innen von Senioren und Menschen mit Beeinträchtigungen besprochen werden (es sollen keine vulnerablen Gruppen benachteiligt werden).

Gleichwohl wären wir bereit, einen mutigen Schritt nach vorne zu gehen und den Verkehr in Coburg anders zu organsieren: Zur Verbesserung der Sicherheit und Aufenthaltsqualität in der Stadt, zur Reduktion von Treibhausgasen und anderen verkehrsbedingten Emissionen (Lärm, Feinstaub, Stickoxid etc.), zur Schaffung positiver innenstädtischer Entwicklungen für Mensch und Natur. Denn so, wie es gegenwärtig ist, darf es nicht bleiben!

Veröffentlicht in Allgemein, Mobilität / Verkehr, Stadtpolitik.