Stellungnahme von Wolfgang Weiß

Zur Ablehnung des Grünen Stadtratsantrags - Autofreier Sonntag in einem Teil der Innenstadt

Ein paar autofreie Sonntage in Teilen der Coburger Innenstadt: Vorerst nicht!

Es gibt viele gute Gründe, das Auto aus Teilen der Innenstadt zumindest für bestimmte Zeiten als Fahrzeug und Stehzeug (wenn es geparkt wird) herauszunehmen: Verkehrsbedingte Emissionen wie Lärm und Luftschadstoffe werden deutlich reduziert. Straßen werden für die anderen Verkehrsteilnehmenden wie Radfahrende und Fußgänger*innen nutzbar. Die Schönheit von Fassaden und Straßenzügen wird nicht beeinträchtigt. Und es tun sich andere Nutzungsmöglichkeiten auf Straßen und Parkplätzen auf: Für die Außengastronomie, für Spiel und Unterhaltung.

Umso mehr überrascht die Ablehnung unseres Stadtratsantrags, einen Versuch zu starten und für ein halbes Jahr den ersten Sonntag im Monat einen Teil der Innenstadt autofrei zu gestalten. Alle möglichen Gründe wurden von Oberbürgermeister Sauerteig und Mitgliedern des Stadtrats angeführt: Das Ordnungsamt und andere Teile der Stadtverwaltung seien Corona-bedingt momentan überfordert; es bedürfe eines intensiven Abstimmungsprozesses mit Betroffenen und Beteiligten, den die Antragsteller bitte selbst erledigen sollen; Anwohner*innen des von uns ins Auge gefassten Innenstadtbereichs verlieren für diesen Sonntag ihren nahe an der Wohnung gelegenen Stellplatz, die Gastronomie verliere Kundschaft, die gewohnt sei, möglichst nah mit dem Auto vorzufahren. Bereits in den Zeitungen und sozialen Medien wurde der Antrag von einzelnen Protagonisten massiv abgelehnt. Da war von „Verteufelung“ des Autos die Rede, von unzumutbaren Härten für „Betroffene“ sprich: Bewohner*innen der von uns für den autofreien Sonntag ins Auge gefassten Innenstadtbereich.

Meine Wahrnehmung der Diskussion, und dann letztlich der Ablehnung des Antrags in der November-Stadtratssitzung: Besitzstandswahrung für all jene, die ihre persönlichen Vorteile der Kraftfahrzeugnutzung in der Innenstadt genießen ist wichtiger, als neue Wege zu gehen, um Vorteile und einen Nutzen für einen weitaus größeren Personenkreis zu ermöglichen, von Anwohner*innen (ja, auch diese haben einen Vorteil!) über Kinder und Menschen mit Beeinträchtigungen bis hin zu Menschen, die gerne mit Rad und zu Fuß unterwegs sind. Und ich frage mich, wie andere Städte eine weitgehend autofreie Innenstadt an Sonntagen möglich machen, von der nahen Stadt Seßlach angefangen bis zur Stadt Dinkelsbühl, die tatsächlich an sechs Sonntagen im Jahr eine Innenstadt ohne Autos ermöglicht.

Wenn schon ein vorsichtiger und, was verschiedene stadtrelevante Belange angeht, verhältnismäßiger Versuch scheitert, Mobilität und Innenstadterleben anders zu denken, wie soll in Coburg dann der große Wurf in Sachen Mobilitätswende, Klimaschutz und alternatives Stadterlebnis gelingen? Ich mache aus meiner Enttäuschung keinen Hehl.

Wolfgang Weiß, Fraktionsvorsitzender

Veröffentlicht in Antrag, aus dem Stadtrat, Mobilität / Verkehr, Stadtpolitik.